Geschichte des Fleisches als Bestandteil der menschlichen Ernährung

1. Geschichte

Die Geschichte des Fleisches als Bestandteil der menschlichen Ernährung ist so alt wie die des Menschen selbst:

Schon in frühester Zeit erkannte man wohl den stärkenden und nährenden Wert des Fleisches auf der einen sowie seine Schmackhaftigkeit auf der anderen Seite.

Dass sich die Art der Fleischbeschaffung und -verarbeitung im Laufe der Zeit geändert und weiterentwickelt hat, scheint selbstverständlich. Jäger und Sammler wurden zu sesshaften Menschen. Immer intensiver beschäftigten sie sich mit der Domestikation, dem Halten und Züchten von Tieren. Man lernte das Feuer zu Ernährungszwecken zu nutzen und schuf sich immer neue Fleischzubereitungsmöglichkeiten.

Schon früh entwickelten sich auch erste Formen des Metzgerhandwerks. Je mehr man vom Aufbau und der sinnvollen Zerlegung der geschlachteten Tiere wusste, desto vielfältiger wurden die Verarbeitungsmethoden. Die aufkommende Technik mit immer leistungsfähigeren Maschinen und den neuen Möglichkeiten des Kühlens / Gefrierens taten im letzten Jahrhundert ein Übriges, um die Bedeutung des Fleisches als Nahrungsmittel weiter zu vergrössern. Das Fleisch ist damit bis heute der unbestrittene Mittelpunkt der Mahlzeit geblieben.

1.1 Jäger und Sammler

Die ersten Menschen
Als vor etwa zwei Millionen Jahren die ersten menschenartigen Wesen auf der Erde erschienen, konnte die Tierwelt bereits auf eine sehr alte Vergangenheit zurückblicken. Eine reichhaltige Flora und Fauna bot den ersten Menschen vielfältige Möglichkeiten zur Ernährung. Allerdings musste der Mensch sich seine Nahrung selber zusammensuchen, was oft mit viel Aufwand und Gefahr verbunden war. Durch die Herstellung von Werkzeugen und Waffen konnte er sich diese Aufgabe erleichtern, und gleichzeitig unterschied er sich dadurch auch grundlegend von allen anderen Lebewesen.

Malereien an Höhlenwänden, Tierfiguren aus Elfenbein und Ton sowie Waffen- und Werkzeugfunde geben uns einen Einblick in die Welt unserer altsteinzeitlichen Vorfahren. Sie kannten weder Pflanzenanbau noch ökonomisch genutzte Tierzähmung, sodass sie oft zum Wechseln der Siedlungsplätze gezwungen waren.

Jagd macht erfinderisch

Die klimatischen Verhältnisse der Eiszeiten mit ihren weiträumigen Vergletscherungen gestatteten es den Menschen nicht, sich allein auf das Sammeln von Beeren, Blättern und Wurzeln zu verlassen: Auch die Jagd wurde zu einem lebenswichtigen Bestandteil des täglichen Lebens.

Die Felsenbilder in zahlreichen Höhlen Westeuropas, zum Beispiel in Altamira und Lascaux, haben zumeist die Jagd zum Motiv. Die Darstellungen zeigen den Kampf des Menschen um seine Nahrung. Sie zeigen uns verschiedene Techniken und geben auch Einblick in die religiösen Vorstellungen jener Zeit.

Schon früh lernte der Mensch, mit der Erfindung von spezialisierten Waffen, wie zum Beispiel Wurfspeer, Pfeil und Harpune, das Jagdglück zu verbessern. Bei der Jagd hat er gelernt, neue Techniken zu erproben und sich neue Fähigkeiten anzueignen. Die Jagd hatte bei der Entwicklung des Menschen eine wegweisende Bedeutung.

Mammut, Ren und Wildpferde waren häufige Jagdbeute. Aber auch Füchse, Hasen, Schneehühner, Kraniche und Wildgänse wurden erlegt, und bestimmt haben auch kleinere Tiere wie Schnecken und Echsen die Auswahl an Fleischnahrung ergänzt.

Die Nutzung des Feuers

Einen Wendepunkt in der Geschichte des Nahrungsmittels Fleisch brachte die Nutzung des Feuers. Das Feuer bot neue Möglichkeiten der Nahrungszubereitung, aber auch neue Möglichkeiten für die Jagd. Es wird vermutet, dass bereits die Altsteinzeitmenschen zum Zweck der Jagd planmässig Brände angelegt haben. Darüber hinaus spendete das Feuer Schutz und Wärme und wurde zum Mittelpunkt der Siedlung.

Viele tausend Jahre lang nahm der Mensch seine Nahrung roh zu sich. Erst mit dem Gebrauch des Feuers konnten auch bis dahin unverdauliche Speisen geniessbar gemacht werden. Fleisch wurde über dem Feuer oder der Glut geröstet oder gebraten. Es wurde dadurch leichter geniessbar und schmackhafter.

Noch lange vor der Erfindung der Töpferei verwendete man bereits Gefässe, in denen gekocht werden konnte. So diente beispielsweise der Tiermagen in verschiedenen Kulturen als Kochgefäss, das nach Gebrauch gleich mitgenossen werden konnte.

Mit der Töpferei, die im schweizerischen Siedlungsgebiet in der Mittelsteinzeit ihre Anfänge hatte und in der Jungsteinzeit zu einem eigentlichen Gewerbe wurde, war eine noch bessere Voraussetzung für das Kochen von Speisen geschaffen. Holz. Leder und Rinde waren weitere Materialien, aus denen Geschirr hergestellt wurde.

Im Fleisch, das gebraten oder gekocht wurde, hatten schon unsere Vorfahren ein stark konzentriertes Nahrungsmittel, das als reichhaltige Energiequelle die Überlebenschancen vergrösserte.

Fischerei
Archäologische Funde zeigen, dass der Fischerei schon in frühester Zeit eine wichtige Bedeutung zukam. In Ägypten hatte man genaue Kenntnis vom Verhalten und den jahreszeitlichen Laichzügen vieler Fischarten.

Auch auf schweizerischem Territorium ist der Fischfang schon in der Jungsteinzeit nachgewiesen. Zu den Fundgegenständen zählen Harpunen, Netzfragmente, Netzschwimmer und Angelhaken aus Knochen.

1.2 Viehzucht und Ackerbau

Der Schritt zur Domestikation
Die Eiszeiten sind vorbei, die Gletscher haben sich weitgehend zurückgezogen und mit ihnen auch die eiszeitlichen Tiere. Die Region bewaldet sich wieder – Hirsch, Reh, Urrind und Wildschwein werden immer häufiger zur Jagdbeute. Auch Fische und Weichtiere, Früchte und Samen bereichern den Speisezettel. Die Existenz ist gesicherter als zuvor – das ermöglicht eine grössere Ortsgebundenheit, zum Teil sogar Sesshaftigkeit: Neue Werkzeuge erleichtern die Arbeit. Bogen und Pfeil werden zur wichtigsten Jagdwaffe.

In die Mittelsteinzeit (Mesolithikum) fallen in Westeuropa auch die ersten Hinweise auf die Domestikation von Schafen. Etwa zur gleichen Zeit wurden im Nahen Osten nebst Schafen wahrscheinlich auch Ziegen und Rinder gehalten. Es waren Tiere, die ohne weiteres die Wanderungen der eher kleinen Familienverbände mitmachen konnten.

Die Domestikation verschiedener Tiere fand also bereits zu einem Zeitpunkt statt, in welchem der Mensch noch ein Nomadendasein lebte. Erst mit zunehmender Sesshaftigkeit kam die Domestikation weiterer Tiere, wie zum Beispiel des Schweins, dazu.

Die Domestikation erfolgte in verschiedenen Stadien. Der erste Schritt bestand wohl darin, die Freiheit bestimmter Tiere einzuschränken, sodass ihre Vermehrung nicht mehr in freier Wildbahn, sondern in Gefangenschaft erfolgte. Durch planmässige Zucht, zum Teil mit Rückkreuzungen mit der Wildform, konnten erste Zuchtziele erreicht werden. Schliesslich erfolgte die Züchtung bestimmter Rassen, wobei wirtschaftliche Gesichtspunkte massgebend waren. Die Wildformen blieben Objekte für die Jagd, sie wurden verfolgt, und ihr Lebensraum wurde eingeengt.

Gegen Ende der Mittelsteinzeit wurde auch erstmals Ackerbau betrieben. Wälder wurden abgebrannt und in Weideland umgewandelt. Die ersten Dörfer entstanden. Mit dem Aufkommen des Ackerbaus und der zunehmenden Bedeutung der Viehzucht, vor allem in der Jungsteinzeit (in der Schweiz von etwa 3000 bis 1800 v. Chr.) begann eine neue Epoche in der Geschichte der menschlichen Ernährung.

Wichtigste Kulturpflanzen waren verschiedene Arten von Getreide, die auch für die Vorratshaltung im Winter sehr geeignet waren. Als Haustiere wurden Hund, Ziege, Schaf, Schwein und Rind gehalten. Im Herbst wurde der Haustierbestand in Hinsicht auf die Fütterungsschwierigkeiten in der bevorstehenden Winterzeit jeweils stark dezimiert. Das Fleisch konnte durch Räuchern und Lufttrocknung haltbar gemacht werden.

Ackerbau und Viehzucht waren die entscheidenden Errungenschaften in der Jungsteinzeit. Sie förderten die Bildung dichter Siedlungen und führten wohl auch zur Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau, zu grösserem Privatbesitz, zu Handel usw. Vieles in der Geschichte unserer Kultur hat seinen Ursprung in der Geschichte unserer Nahrungsbeschaffung.

Neben der Viehzucht sorgte auch die Jagd auf praktisch alle Tierarten weiterhin für Fleischnahrung. Gejagt wurden vor allem Hirsch, Reh und Wildschwein und etwas weniger oft Elch, Bär, Ur (Auerochse), Wisent (Wildrind) und Wildpferd.

Auch dem Fischfang kam weiterhin grosse Bedeutung zu.

1.3 Kult und Ernährung

Tieropfer

Tieropfer waren in der jüngeren Altsteinzeit und in der Mittelsteinzeit üblich gewesen. Mit dem Opfer verbunden waren oft kultisch geprägte Mahlzeiten. Bei diesen Mahlopfern wurde nur ein Teil des Tieres verbrannt, der grössere Teil wurde von den Feiernden an der heiligen Stätte verzehrt, wodurch die Speisegemeinschaft mit deren Gott eine sakramentale Verbindung herstellte.

Oft waren die Opfer dazu bestimmt, die Götter günstig zu stimmen. Beim Sühneopfer wird ein Tier geopfert, so zum Beispiel der «Sündenbock» in Babylonien und Israel.

Häufig wird man auch Opfer dargebracht haben, wenn man dem Gott für Gutes, das man empfangen hatte, danken wollte. Solche Dank-, Fest- und Bittopfer wurden in der Antike auch von ganzen Gemeinden oder Staaten dargebracht. So opferte Nestor in Pylos dem Poseidon 81 Stiere. Lange Reihen von Bänken am Gestade luden die Feiernden zum Mahl ein. Ein anderes Beispiel geben die Athener, die sich vor der Schlacht bei Marathon verpflichteten, der Artemis so viele Ziegen zu opfern, als sie Perser erlegen würden.

Solche Massenopfer waren in den heroischen Zeiten nicht ungewöhnlich. Man glaubte, durch grosszügige Opfer die Gunst der Götter sicherer zu erwerben als durch kleinere Opfer. Die Opfertiere mussten von der besten Beschaffenheit sein. Die Tiere durften weder krank noch irgendwie verunstaltet sein. Oft wurde das Vieh vor dem Schlachten gemästet.

Heilige Tiere
Das Tier ist in vielen Religionen zum Träger geheimnisvoller Macht geworden. Oft wird es mit Dämonen und Göttern in Verbindung gebracht. Die Stärke und Fruchtbar-keit mancher Tiere flössten dem Menschen Scheu und Ehrfurcht ein.

In der hinduistischen Religion gelten Rinder heute noch als heilige Tiere, die nicht gefüttert werden dürfen. Der Gott Ganesha hat einen Elefantenkopf, und der heldenhafte Affe Hannuman aus dem Ramajana-Epos wird weit herum als Gott verehrt. Den alten Ägyptern waren Katzen heilig und viele Götter erschienen in Tiergestalt: Die Göttin Isis hatte Kuhhörner, der Sonnengott Ra einen Sperberkopf, und in Memphis wurden Stiere verehrt. Den Germanen waren Pferde heilig und in der griechischen Götterwelt erschienen Tiere oft als Attribute der Götter: Zeus hatte den Adler, Apollon den Wolf, Athene die Eule und Hera die Kuh.

Die religiösen Vorstellungen, die sich mit den verschiedenen Tieren verbanden, waren oft mitbestimmend für die Vorschriften und Einschränkungen hinsichtlich Haltung, Schlachtung und Fleischgenuss.

Der Fleischgenuss in biblischer Zeit
Fleisch war in biblischen Zeiten ein besonders geschätztes Nahrungsmittel. Abraham suchte sich für seine Gäste (1. Mose, 18,7) «ein zartes gutes Kalb» aus seiner Rinderherde, und Esau versorgte seinen Vater Isaak mit Wildbret (1. Mose, 25,28). Das älteste Passahmahl war ein gebratenes Lamm, gegessen mit bitteren Kräutern und ungesäuertem Brot (2. Mose, 12,8)

Gekocht wurde meistens im Freien. Fleisch wurde als Schmorgericht in irdenen Töpfen zubereitet oder über dem offenen Feuer gebraten. Durch Salzen wurde Fleisch zur Aufbewahrung haltbar gemacht.
Die biblischen Speisegesetze waren sowohl auf kultischen und ethischen wie auch auf hygienischen Überlegungen begründet. Es durfte nur das Fleisch von bestimmten Tieren genossen werden, und das Schlachten hatte nach einer strengen Gesetzgebung zu erfolgen. Auch für die Zubereitung bestanden verschiedene Einschränkungen. So durfte Fleisch nicht mit Milch, Milchprodukten oder Milchspeisen zusammen gekocht oder verzehrt werden.

Verboten ist nach dem jüdischen Speisegesetz der Genuss sogenannt «unreiner» Tiere, zum Beispiel Schwein, Kamel, Hase und geflügelte Kleintiere.

Die Fleischküche der Antike
Die Jagd stand bei den Griechen in hohem Ansehen. Orion, der berühmte Jäger aus der griechischen Mythologie, zeugt als Sternbild am winterlichen Nachthimmel noch heute von der Bedeutung der Jagd in der Antike. Die Jagdgöttin der Griechen war Artemis, bei den Römern Diana genannt. Sie galt als Herrin der freien Natur und Schützerin der wilden Tiere.

Fleisch war, mit Ausnahme von Schweinefleisch, eher teuer. Auf dem Land waren Geflügel, Schwein, Zicklein, Hammel oder Wildbret keine Seltenheit. Athens arme Stadtbevölkerung jedoch musste den Fleischgenuss hauptsächlich auf die Zeit der religiösen Feste beschränken. In der übrigen Zeit war Fisch leichter und günstiger erhältlich. Ebenso Muscheln und Weichtiere wie Tintenfische und Kalmare.

Bei den Griechen war Fisch eines der Grundnahrungsmittel – der Fischfang allerdings war sehr gering geschätzt. Plutarch (50–120 n. Chr.) schrieb, der Fischfang habe nichts Ruhmbringendes und sei eines freien Mannes unwürdig. Und Platon (427–347 v. Chr.) versuchte die Jugend mit folgenden Worten vom Fischerberuf abzuhalten: «Ihr Lieben, seht zu, dass ihr immer frei bleibt von dem Drang und dem Verlangen nach der Jagd zu Wasser und nach dem Angeln und überhaupt dem Fang der Wassertiere mit Reusen, bei deren Gebrauch man ebenso gut schlafen wie wachen, jedenfalls immer müssig sein kann.»

Die Techniken der Fischerei haben sich seit der Antike bis heute nur wenig weiterentwickelt. Die Angelrute mit Korkschwimmer, Blei und Haken war damals ebenso bekannt, wie die Reuse aus Schilfgeflecht und das Fangnetz.

Fische und Fleisch waren sowohl frisch als auch gepökelt oder geräuchert erhältlich. Berühmt geworden war die Leibspeise der Spartaner, die «schwarze Suppe» - eine Art von scharfem Ragout aus Schweinefleisch, Blut, Essig und Salz.

Die Griechen liebten allgemein die Freuden des grossen Gastmahls. Das Wort «Symposion», das man mit «Gastmahl» übersetzt, bezeichnete ursprünglich ein gemeinsames Trinkfest. Sehr ausgelassen wurden diese Gastmähler bei den Römern. Wir finden in der Literatur manche üppige Gastmähler detailliert beschrieben. Da wurden während Stunden die kostspieligsten und seltensten Speisen serviert, wie zum Beispiel Flamingozungen oder Pfauenleber.

Während in Rom üppige Gastmähler sich an Reichhaltigkeit überboten, lebte man nördlich der Alpen sehr bescheiden. Der römische Historiker Tacitus (55–116) schreibt, dass sich die Germanen von wild wachsendem Obst, frisch erlegtem Wild und Quarkkäse ernährten. Die Zubereitung erfolgte ohne Umstände und ohne besondere Gewürze. Tacitus macht kein Geheimnis daraus, dass unsere Vorfahren dafür im Trinken weit weniger massvoll waren.

1.4 Die Fleischverarbeitung

Würste

Schon in Homers «Odyssee», geschrieben im 8. Jahrhundert v. Chr., ging es «um die Wurst»: «Hier sind Ziegenmagen, mit Fett und Blute gefüllet, die wir zum Abend-schmaus auf glühende Kohlen geleget. Wer nun am tapfersten kämpft und seinen Gegner besieget, dieser wähle sich selbst die besten der bratenden Würste.»

Bei diesen «Würsten» scheint es sich um eine frühe Form der Blutwurst gehandelt zu haben. Wir finden an mehreren Stellen in der griechischen Literatur – und noch häufiger in der römischen Literatur – Hinweise auf die Herstellung von Würsten.

Blutwürste zu essen, war den ersten Christen verboten. Noch im Mittelalter hatte der oströmische Kaiser Leo VI. (886–911) ein strenges Blutwurstverbot erlassen. «Es ist uns zu Ohren gekommen, dass man Blut in Gedärme wie in Röcke, eingepackt, und so als ein ganz gewöhnliches Gericht dem Magen zuschickt. Es kann unsere Kaiserliche Majestät nicht länger zusehen, dass die Ehre unseres Staates durch eine so frevelhafte Erfindung bloss aus Schelmerei fresslustiger Menschen geschändet werde. Wer Blut zu Speisen umschafft, der wird hart gegeisselt, bis auf die Haut geschoren und auf ewig aus dem Lande verbannt.» (Zitiert nach Eugen von Vaerst.)

Dieses Verbot hat den Siegeszug der Würste nicht aufhalten können. Wurstwaren ermöglichen nicht nur eine zum Teil sehr lange Lagerungsfähigkeit des Nahrungs-mittels Fleisch, sondern sie haben die Palette kulinarischer Genüsse ausserordentlich erweitert.

Die wichtigsten Würste im alten Rom waren Bratwürste (tomacula), Schweins-würste (lucanicae) und Blutwürste (botuli). Im Mittelalter ist die Beliebtheit der Würste weiterhin gewachsen, und die Auswahl wurde durch immer neue Sorten erweitert.

Heute kennen wir Hunderte von Wurstsorten und finden in jeder Region ihre besondere Wurstspezialität in ihrer eigenen Tradition. Auch andere Fleischwaren und Fleischspezialitäten wie zum Beispiel Pasten und Terrinen, Fleischkäse, Fleisch-kuchen und Hackbraten sind aus dem heutigen Angebot nicht wegzudenken.

Das Metzgerhandwerk
An den Wänden ägyptischer Grabkammern finden wir die ersten Darstellungen des Schlachtvorgangs. Auch in der griechischen Antike ist das Schlachten ein häufiges Thema für die Verzierung von Gefässen. Oft sind es Opferszenen, die dargestellt werden.

Mit zunehmender praktischer Erfahrung und wachsendem Wissen über den Aufbau des Tierkörpers erfolgte das Schlachten und Zerlegen immer fachkundiger. Es ist anzunehmen, dass sich die Tätigkeit des Metzgers schon in sehr früher Zeit zu einer spezialisierten Arbeit entwickelt hat.

Mit dem Aufblühen der Städte im Mittelalter fand auch das Handwerk grossen Aufschwung. Das Metzgerhandwerk als eigentlich städtisches Gewerbe spielte wirtschaftlich und politisch eine wichtige Rolle. Schon früh taten sich einzelne Gewerbetreibende zusammen und bildeten Zünfte.

Die Hauptaufgabe der Metzger bestand neben dem Schlachten der Tiere im Verkauf des Fleisches. Die Wurstherstellung nahm damals noch eher wenig Zeit in Anspruch, denn die Auswahl solch Spezialitäten war gering.

Sprachgeschichtliches
Auf die Frage, wie es zu der Bezeichnung «Metzger» kam, gibt die Sprach-wissenschaft verschiedene Antworten. Die eine Version leitet das Wort vom lateinischen Wort «macellum» ab, was soviel wie «Markt» bedeutet. Eine andere Version verweist auf das lateinische Wort «matia». Dieser Begriff bedeutet im engeren Sinne «Darm», im erweiterten Sinne «Wurst».

Dem Wort «Wurst» seinerseits liegt wahrscheinlich die indogermanische Wurzel «wert» zugrunde, was soviel wie «drehen» (hier das Drehen und Wenden beim Stopfen der Wurst) bedeutete. Doch auch diese Herleitung ist nicht gesichert. Es ist auch möglich, dass das Wort «Wurst» auf das althochdeutsche Wort «werran» zurückgeht. Dieses bedeutet: «durcheinandermengen» und lebt auch weiter in den Wörtern «wirren» und «wirken».

Die deutsche Sprache kennt für den Beruf des Metzgers auch die Bezeichnung «Fleischer». Die Herkunft des Wortes «Fleisch» geht auf das Germanische zurück, wo «flaisk» oder «flik» soviel wie «spalten» oder «in Scheiben zerlegen» bedeutete. Daraus entwickelte sich das althochdeutsche Wort «fleisc», mit dem hauptsächlich Schweinefleisch, Schinken und Speck bezeichnet wurden.

Technik
Dass die Herstellung von Wurst und Fleischwaren einen so grossen Aufschwung genommen hat, liegt nicht zuletzt auch im den technischen Fortschritt und in rationellen Herstellungsverfahren. Eine Vielfalt von speziellen Apparaten und Maschinen erleichterte die Arbeit und ermöglichte eine umfangreichere Produktion. Beispielsweise musste die Wurstmasse nun nicht mehr mühsam mit dem Hacke- oder Wiegemesser zerkleinert werden. Maschinen haben diese Arbeit übernommen, und auch das Stopfen der Därme ist automatisiert worden. Einen wichtigen Fortschritt in der Fleisch- und Fleischwarenproduktion brachten die Kühlvorrichtungen. In verschie-denster Weise versuchte man, das schwierige Problem einer zweckmässigen und zuverlässigen Kühlung zu lösen und die Temperatur in abgeschlossenen Räumen auf ein Minimum zu reduzieren. Die Kühlindustrie hat einen wichtigen Anteil zum Fortschritt der Fleischproduktion geleistet.

Mit zunehmender Vielfalt an Produktionsmöglichkeiten, mit verbesserten Lagermöglichkeiten und dem Fleischtransport über weite Distanzen haben sich auch hinsichtlich der Qualitätsüberwachung neue Aufgaben gestellt. Strenge Kontrollen über Fleischgewinnung, Fleischverarbeitung und Fleischverkauf bestanden schon im Altertum. Auch später gab es wohl kaum je ein Gewerbe, bei dem so vi ele obrigkeitliche Verordnungen zu berücksichtigen waren wie im Metzgergewerbe.


© Suuretaler Metzgli

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